OLG Frankfurt, Urteil vom 24. Januar 2013 – 16 U 102/12, juris

200.000 € Schmerzensgeld und 300 € monatliche Schmerzensgeldrente

Das (hohe) Lebensalter des Geschädigten kann bei der Bemessung des Schmerzensgeldes berücksichtigt werden.

Fall:

Motorisch inkomplette Querschnittslähmung nach Verkehrsunfall

Der Kläger erlitt im Alter von 73 Jahren bei einem Verkehrsunfall eine motorisch inkomplette Querschnittslähmung unterhalb C5, funktionell komplett unterhalb C7, sensibel durchgehend inkomplett nach HWK 6-Gelenkfraktur und spinaler Kontusion. Er war über einen Monat in stationärer Behandlung und über ein halbes Jahr in Anschlussheilbehandlung in einer Reha-Klinik.

Seit seiner Entlassung aus der Anschlussheilbehandlung hält sich der Kläger wieder in seinem Haus auf und wird dort von einem ambulanten Pflegedienst und seinen Angehörigen betreut. Infolge der unfallbedingten Verletzungen ist der Kläger bei den Verrichtungen des täglichen Lebens hilfebedürftig.

Er sitzt im Rollstuhl, die unteren Extremitäten sind gelähmt. Er ist steh- und gehunfähig, die oberen Extremitäten sind beidseitig gelähmt, wobei die Armhebung passiv beidseitig möglich ist. Die Motorik der Hände ist gestört. Die Nahrungsaufnahme kann nicht selbstständig erfolgen. Der Kläger ist stuhl- und harninkontinent, es besteht eine Versorgung mit einem Blasendauerkatheter, der etwa fünfmal täglich geleert wird, die Stuhlabführung erfolgt dreimal wöchentlich durch Einläufe und anschließendes Ausräumen. Wegen der Inkontinenz muss der Kläger zusätzlich Windeln tragen. Zur Dekubitusprophylaxe muss der Kläger nachts bzw. bei Ruhephasen tagsüber regelmäßig umgelagert werden.

Rechtliche Beurteilung:

Hinsichtlich des Schmerzensgeldes (200.000 €) und der Schmerzensgeldrente (300 € monatlich) sind die vom LG dem Kläger zuerkannten Beträge nicht zu beanstanden, insbesondere nicht zu niedrig angesetzt. Die in der obergerichtlichen Rechtsprechung zur Bemessung eines Schmerzensgeldes entwickelten Kriterien hat das LG beachtet. Entgegen der Ansicht des Klägers kann und muss das Lebensalter des Geschädigten bei der Bemessung des Schmerzensgeldes berücksichtigt werden.

Dies geschieht in der Rechtsprechung allerdings regelmäßig in der umgekehrten Form, indem nämlich das relativ geringe Lebensalter eines in demselben Ausmaß wie der Kläger verletzten Opfers als schmerzensgelderhöhend herangezogen wird. Dies ist auch nachvollziehbar, denn es macht einen Unterschied, ob das verletzte Opfer in der Gewissheit leben muss, dass die ihm auferlegten Behinderungen sich noch für Jahre und Jahrzehnte auswirken werden. Angesichts dessen vermag der Senat dem fast 80 Jahre alten Kläger die von ihm begehrte Erhöhung des Schmerzensgeldbetrages sowie der Schmerzensgeldrente nicht zuzuerkennen.