Badeunfall

BGH, Urteil vom 23. November 2017 – III ZR 60/16, NJW 2018, 301

§§ 823 Abs. 1, 839 Abs. 1 S. 1

BGB, Art. 34 S. 1 GG

500.000 € Schmerzensgeld

1. Die zur Badeaufsicht in einem Schwimmbad eingesetzten Personen sind verpflichtet, den Badebetrieb und damit auch das Geschehen im Wasser zu beobachten und mit regelmäßigen Kontrollblicken darauf zu überprüfen, ob Gefahrensituationen für die Badegäste auftreten. Dabei ist der Standort so zu wählen, dass der gesamte Schwimm- und Sprungbereich überwacht und auch in das Wasser hineingeblickt werden kann. In Notfällen ist für rasche und wirksame Hilfeleistung zu sorgen.

2. Wer eine besondere Berufs- oder Organisationspflicht, andere vor Gefahren für Leben und Gesundheit zu bewahren, grob vernachlässigt hat, muss die Nichtursächlichkeit festgestellter Fehler beweisen, die allgemein als geeignet anzusehen sind, einen Schaden nach Art des eingetretenen herbeizuführen. Dies gilt auch im Falle einer grob fahrlässigen Verletzung der Verpflichtung zur Überwachung eines Schwimmbadbetriebs.

Fall:

Die Klägerin machte Schadensersatz- und Schmerzensgeldansprüche nach einem Badeunfall geltend. Die beklagte Verbandsgemeinde (Beklagte zu 3) betrieb einen künstlich angelegten, jedoch naturnah gestalteten Badesee als öffentliche Einrichtung. § 10 Abs. 1 der Bade- und Benutzungsordnung bestimmte, dass die Benutzung der Anlage auf eigene Gefahr und Verantwortung erfolge. Bei Unfällen trete eine Haftung nur ein, wenn dem Badepersonal Vorsatz oder grobe Fahrlässigkeit nachgewiesen werde.Das Hauptbecken des Schwimmbads beinhaltete einen etwa neun Meter breiten und 16 Meter langen Schwimmerbereich, in dem die Wassertiefe mehrere Meter betrug. An dessen westlicher Seite befand sich ein Sprungfelsen mit einem umgeben-den Sprungbereich. Dieser war von dem übrigen Schwimmareal mittels orangener Bojen abgegrenzt, deren Durchmesser etwa 15 cm betrug. Die Bojen waren zum Unfallzeitpunkt jeweils einzeln an einer auf dem Beckengrund befindlichen Verankerung in einem Abstand von 2,5 m bis 3 m mit Hilfe von 6 bis 8 mm starken, flexiblen Seilen befestigt und nicht mit-einander verbunden.

Zwölfjährige verfängt sich an Boje

Am 9. Juli 2010 besuchte die damals zwölfjährige Klägerin das Naturschwimmbad. Beim Baden verfing sie sich aus ungeklärten Umständen mit einem Arm in der Befestigungsschnur einer Boje, die hierdurch zumindest teilweise unter die Wasseroberfläche gezogen wurde. Die Badeaufsicht am Unfalltag oblag der vormaligen Beklagten zu 1 und dem vormaligen Beklagten zu 2 (im Folgen-den Beklagte zu 1 und Beklagter zu 2), gegen die die Klägerin ihre Ansprüche nicht mehr weiterverfolgte. Als die Beklagte zu 1, die sich auf einem Steg im Bereich des Sprungfelsens aufhielt, die abgesenkte Boje bemerkt hatte, sprach sie oder ihr Kollege zunächst zwei in der Nähe befindliche Mädchen hierauf an. In der Vergangenheit war es wiederholt vorgekommen, dass Kinder und Jugendliche einzelne Bojen an den Befestigungsseilen unter Wasser gezogen oder verknotet hatten.

Da die Mädchen erklärten, nicht an der Boje gespielt zu haben, bat die Beklagte zu 1 einen ihr bekannten, damals 13- oder 14-jährigen Jungen, nach der Boje zu schauen. Dieser unternahm einen oder zwei Tauchgänge und bemerkte „etwas Glitschiges“. Nachdem er eine Klärung der Situation nicht hatte herbeiführen können, holte der Beklagte zu 2 zunächst seine Schwimmbrille im Gerätehaus, begab sich sodann ebenfalls in das Wasser, überprüfte die Boje und fand die leblose Klägerin unter Wasser vor. Er befreite sie aus dem Befestigungsseil und verbrachte sie an Land, wo sie reanimiert wurde. Aufgrund des Sauerstoffentzugs erlitt die Klägerin massive, irreparable Hirnschädigungen. Sie ist infolgedessen schwerstbehindert und wird zeitlebens pflegebedürftig bleiben. Sie wurde über Monate hinweg stationär und ambulant behandelt und lebt aufgrund ihrer Behinderungen nunmehr in einem Pflegeheim.

Vorwurf der Klägerin: Durch schnelleres Eingreifen der Badeaufsicht hätten Gesundheitsschädigungen vermieden werden können

Die Klägerin behauptete, durch rechtzeitiges und adäquates Verhalten der Beklagten zu 1 und 2, denen wesentliche Qualifikationen für die von ihnen ausgeübte Aufsichtsfunktion gefehlt hätten, hätten die eingetretenen Gesundheitsschädigungen vermieden werden können. Bei einer angemessenen Beobachtung der Wasseroberfläche hätten Bewegungen der Boje und deren Absinken innerhalb von ein bis zwei Minuten auffallen müssen. Rettungsmaßnahmen hätten dann innerhalb von einer Minute durchgeführt werden können. Insgesamt hätte eine sachgerechte Rettung daher nicht mehr als drei Minuten in Anspruch genommen. Das nicht pflichtgemäße Verhalten der Beklagten zu 1 und 2 nach dem Erkennen des Absinkens der Boje habe zu einer zeitlichen Verzögerung der Rettung von mindestens drei Minuten geführt. Überdies machte die Klägerin geltend, die verwendete Befestigung der Bojen am Beckengrund habe nicht den Anforderungen an die Verkehrssicherungspflichten in Schwimmbädern entsprochen.

Klage zunächst abgewiesen

Die Klägerin begehrte Schmerzensgeld in Höhe von mindestens 500.000 Euro, eine monatliche Schmerzensgeldrente von 650 Euro, die Erstattung vorgericht-licher Rechtsverfolgungskosten in Höhe von 14.716,20 Euro sowie die Feststellung, dass die Beklagte verpflichtet sei, ihr sämtlichen zukünftig entstehenden materiellen und immateriellen Schaden zu ersetzen, welcher auf den Unglücksfall zurückzuführen ist, soweit die Ansprüche nicht auf einen Dritten, insbesondere auf Sozialversicherungsträger, übergegangen sind. Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Die Berufung ist vor dem Oberlandesgericht ohne Erfolg geblieben. Mit ihrer vom BGH zugelassenen Revision verfolgte die Klägerin ihre Ansprüche gegen die Beklagte zu 3 weiter.

Rechtliche Beurteilung:

Die zulässige Revision hatte Erfolg. Sie führte zur Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und zur Zurückverweisung der Sache an die Vorinstanz. Das Berufungsgericht hatte gemeint, die Forderung der Klägerin scheitere an der fehlenden Ursächlichkeit der ihrem Vorbringen zufolge verzögerten Einleitung und Durchführung ihrer Rettung für die eingetretenen gesundheitlichen Schäden. Bei dieser Würdigung hatte es einen entscheidenden Punkt unberücksichtigt gelassen. Zu Recht allerdings war die Vorinstanz davon ausgegangen, dass die Ursächlichkeit der der Badeaufsicht vorgeworfenen Versäumnisse für die bei der Klägerin infolge der Sauerstoffunterversorgung eingetretenen gesundheitlichen Beeinträchtigungen nur bestand, wenn diese bei pflichtgemäßer Erfüllung der Aufsichts- und Rettungspflichten vermieden worden wären, wobei die bloße Möglichkeit oder eine gewisse Wahrscheinlichkeit nicht ausreichten.

Das Berufungsgericht hatte bei seiner Kausalitätsbetrachtung jedoch allein die Behauptung der Klägerin in den Blick genommen, ihre Rettung sei um mindestens drei Minuten verzögert worden. Dabei war ihr weiterer Sachvortrag unberücksichtigt geblieben, bei einer pflichtgemäßen Aufsicht hätte innerhalb von ein bis zwei Minuten auffallen müssen, dass die Boje abgesenkt gewesen sei, und die gebotenen Rettungsmaßnahmen hätten sodann innerhalb von einer Minute durchgeführt werden können.

Die Richtigkeit dieses beweisbewehrten Vortrags unterstellt, wären die dauerhaften Hirnschäden der Klägerin bei entsprechendem Handeln der Beklagten zu 1 und 2 vermieden worden. Sie wäre dann insgesamt für maximal drei Minuten unter Wasser von der Sauerstoffzufuhr abgeschnitten gewesen. Nach dem ebenfalls unter Beweis gestellten Vorbringen der Klägerin, das von den in der Vorinstanz zugrunde gelegten, von den Parteien nicht angegriffenen Ausführungen des rechtsmedizinischen Sachverständigen im Ermittlungsverfahren jedenfalls im Ansatz gestützt wurde, traten die von ihr erlittenen Hirnschäden frühestens nach drei Minuten auf. Das Berufungsgericht wird dementsprechend Feststellungen zu dem unberücksichtigt gebliebenen Vorbringen der Klägerin nachzuholen haben. In diesem Zusammenhang wird es sich auch mit dem Pflichtenkatalog der Beklagten zu 1 und 2 zu befassen haben, zu dem es – von seinem Rechtsstandpunkt aus folgerichtig – bislang keine näheren Feststellungen getroffen hat. Hierbei wird Folgendes zu beachten sein:

Verpflichtungen der Schwimmaufsicht

Die Badeaufsicht hatte zwar, wie die Vorinstanz in anderem Kontext ausgeführt hat, nicht die Verpflichtung zur lückenlosen Beobachtung eines jeden Schwimmers. Es kann und muss im Schwimmbadbetrieb nicht jeder abstrakten Gefahr durch vorbeugende Maßnahmen begegnet werden, da eine Sicherheit, die jeden Gefähr-dungsfall ausschließt, nicht erreichbar ist. Die Schwimmaufsicht ist jedoch verpflichtet, den Badebetrieb und damit auch das Geschehen im Wasser zu beobachten und mit regelmäßigen Kontrollblicken daraufhin zu überwachen, ob Gefahrensituationen für die Badegäste auftreten. Dabei ist der Beobachtungsort so zu wählen, dass der gesamte Schwimm- und Sprungbereich überwacht und auch in das Wasser hineingeblickt werden kann, was gegebenenfalls häufigere Standortwechsel erfordert. Das Berufungsgericht wird Feststellungen dazu zu treffen haben, ob bei Anwendung dieser Maßstäbe das Absinken der Boje, in deren Seil sich die Klägerin verfangen hatte, ihrem Vortrag entsprechend innerhalb von ein bis zwei Minuten hätte bemerkt werden müssen.

Zu den Aufgaben der Aufsichtspersonen in einem Schwimmbad gehört es weiter, in Notfällen für rasche und wirksame Hilfeleistung zu sorgen. Der Umstand, dass eine der Bojen jedenfalls teilweise unter die Wasseroberfläche geraten war, hätte die Badeaufsicht dazu veranlassen müssen, sogleich selbst die Ursache hierfür zu klären und die Klägerin zu retten. Dies galt unabhängig davon, ob die schwimmende Markierung nur ein wenig herabgezogen war, oder sie sich vollständig unter Wasser befand, da sie jedenfalls so weit heruntergezogen worden war, dass dies die Aufmerksamkeit der Beklagten zu 1 erregte. Der Aufsicht hätte gerade im Hinblick auf die vergleichsweise lockere Verbindung der Boje mit der Befestigung am Schwimmbadgrund bewusst sein müssen, dass die Absenkung der Boje auch durch einen in Not geratenen Badegast verursacht worden sein konnte.

Dass in der Vergangenheit Befestigungsseile bereits häufiger von Kindern und Jugendlichen zusammengeknotet worden und die Schwimmkörper dadurch ganz oder teilweise unter die Wasseroberfläche geraten waren, rechtfertigte es nicht, davon abzusehen, sofort selbst die Situation zu klären. Da die abgesenkte Boje jedenfalls auch auf eine in Lebensgefahr befindliche Person hindeuten konnte, mithin höchste Güter auf dem Spiel standen, war die Badeaufsicht der Beklagten zu 3 auch dann zu einem sofortigen eigenen Eingreifen verpflichtet, wenn sich in der Vergangenheit die Ursache herabgezogener Schwimmkörper im Nachhinein immer wieder als vergleichsweise harmlos herausgestellt hatte und keine besondere Eile geboten gewesen war.

Nachdem die Auffälligkeit der Boje bemerkt worden war, hätte sich daher jedenfalls einer der Beklagten zu 1 und 2 sofort selbst in das Wasser begeben müssen. Das Vorgehen, stattdessen zunächst zwei in der Nähe befindliche Mädchen zu befragen und sodann auf die Hilfe eines 13- oder 14-jährigen Jungen zurück-zugreifen, den die Beklagte zu 1 bat, zu der Boje zu schwimmen und nach dem Befestigungsseil zu tauchen, war deshalb pflichtwidrig, zumal letzterer hierdurch seinerseits einer Gefahr ausgesetzt wurde. Dies gilt auch für das Verhalten des Beklagten zu 2, der sich erst in das Wasser begab, nachdem er seine Schwimmbrille aus dem Gerätehaus geholt hatte. War die Schwimmbrille zur Rettung von in Not geratenen Personen erforderlich, hätte er sie ständig bei sich führen müssen. Dementsprechend wird das Berufungsgericht auch Feststellungen dazu zu treffen haben, wie lange es gedauert hätte, wenn sich die Badeaufsicht sofort zur Unfall-stelle begeben und die Klägerin gerettet hätte, nachdem die herabgezogene Boje bemerkt worden war.

Prüfung der Beweislastumkehr

Gelingt der Klägerin der Kausalitätsnachweis auf Grundlage der erforderlichen weiteren Feststellungen nicht, ist zugunsten der Klägerin das Eingreifen einer Be-weislastumkehr zu prüfen. Im Arzthaftungsrecht führt ein grober Behandlungsfehler, der geeignet ist, einen Schaden der tatsächlich eingetretenen Art herbeizuführen, regelmäßig zur Umkehr der objektiven Beweislast für den ursächlichen Zusammenhang zwischen dem Behandlungsfehler und dem Gesund-heitsschaden. Wegen der Vergleichbarkeit der Interessenlage gelten die vorgenannten Beweisgrundsätze entsprechend bei grober Verletzung sonstiger Berufs- oder Organisationspflichten, sofern diese, ähnlich wie beim Arztberuf, dem Schutz von Leben und Gesundheit anderer dienen.

Wer eine besondere Berufs- oder Or-ganisationspflicht, andere vor Gefahren für Leben und Gesundheit zu bewahren, grob vernachlässigt hat, kann nach Treu und Glauben die Folgen der Ungewiss-heit, ob der Schaden abwendbar war nicht dem Geschädigten aufbürden. Auch in derartigen Fällen kann die regelmäßige Beweislastverteilung dem Geschädigten nicht zugemutet werden. Der seine Pflichten grob Vernachlässigende muss daher die Nichtursächlichkeit festgestellter Fehler beweisen, die allgemein als geeignet anzusehen sind, einen Schaden nach Art des eingetretenen herbeizuführen. Dies trifft auch auf die von den Beklagten zu 1 und 2 wahrgenommene Badeaufsicht zu. Den Beklagten zu 1 und 2 oblag als Schwimmmeistern am Unfalltag die Aufgabe, die Badegeäste durch eine ordnungsgemäße Überwachung des Badebetriebs vor Schäden an Leben und Gesundheit – insbesondere aufgrund von Badeunfällen – zu bewahren.

Auch war eine nicht sachgerechte Ausübung dieser Berufspflicht allgemein geeignet, Schäden nach Art des bei der Klägerin eingetretenen Schadens (schwerste Hirnschädigungen durch Sauerstoffentzug aufgrund unfreiwillig langer Verweildauer unter Wasser) herbeizuführen. Ob die Beklagten zu 1 und 2 die ihnen obliegenden Pflichten grob vernachlässigt haben, unterliegt der tatrichterlichen Würdigung durch das Berufungsgericht.Die bisher hierzu angestellten Erwägungen der Vorinstanz gegen Ende der Gründe des angefochtenen Urteils, „nach allem“ liege „zur Überzeugung des Senats keinerlei grob fahrlässiges Verhalten der Bediensteten der Beklagten“ vor, enthielten noch nicht die gebotene Auseinandersetzung mit den besonderen Umständen des Einzelfalls.

Dies wird nachzuholen sein. Gelangt das Berufungsgericht im Rahmen der gebotenen erneuten Beurteilung der Sach- und Rechtslage zu dem Ergebnis, dass die Beklagten zu 1 und 2 die ihnen übertragenen Pflichten zwar nicht grob, wohl aber einfach fahrlässig verletzt haben, ist auf der Grundlage des bisherigen Sach- und Streitstandes entgegen der insoweit nicht näher begründeten Auffassung der Vorinstanz zugunsten der Klägerin von einer Beweiserleichterung für die Schadensursächlichkeit der Pflichtverletzungen der Beklagten zu 1 und 2 auszugehen.

Verletzung von Aufsichts- und Überwachungspflichten

Nach der ständigen höchst- und obergerichtlichen Rechtsprechung ist in Fällen der Verletzung von Aufsichts- und Überwachungspflichten eine tatsächliche Vermutung für die Schadensursächlichkeit bereits anzunehmen, wenn eine ordnungsgemäße Beaufsichtigung an sich geeignet gewesen wäre, den Schaden zu verhindern, beziehungsweise sich gerade diejenige Gefahr verwirklicht hat, der durch die verletzte Verhaltenspflicht begegnet werden sollte. Diese Voraussetzungen waren erfüllt. Die den Beklagten zu 1 und 2 obliegende Überwachungs- und die darauf aufbauende Rettungspflicht waren an sich geeignet, gesundheitliche Schäden zu verhindern, die dadurch eintreten, dass ein Badegast nicht mehr auftauchen kann und unter Wasser bleibt. Bei dem vorliegenden Badeunfall hat sich auch eben jene Gefahr verwirklicht, der durch die den Beklagten zu 1 und 2 obliegenden (Kern-)Pflichten entgegengewirkt werden sollte.

Sollte das Berufungsgericht lediglich ein einfach fahrlässiges Verschulden der Beklagten zu 1 oder 2 annehmen, kann sich die Beklagte zu 3 nicht mit Erfolg auf die in § 10 Abs. 1 der Bade- und Benutzungsordnung enthaltene Beschränkung der Haftung auf Vorsatz und grobe Fahrlässigkeit berufen. Es bedurfte an dieser Stelle keiner Entscheidung, ob sich die Haftung der Beklagten zu 3 nach den Amtshaftungsgrundsätzen (§ 839 Abs. 1 BGB i.V.m. Art 34 Satz 1 GG) richtete, was das Berufungsgericht angenommen hatte, oder ungeachtet der öffentlich-rechtlichen Ausgestaltung des Benutzungsverhältnisses von einer privatrechtlichen Verkehrssicherungspflicht auszugehen war, deren Verletzung dem allgemeinen Deliktsrecht (§§ 823, 831 BGB) unterfällt.

In beiden Fällen ist der Haftungsausschluss unwirksam. Für eine etwaige Haftung nach den Grundsätzen des Amtshaftungsrechts gilt dies bereits deshalb, weil nach ständiger Senatsrechtsprechung Satzungen, wie sie die Bade- und Benutzungsordnung darstellt, nicht geeignet sind, die gemäß Art. 34 Satz 1 GG grundsätzlich den Staat oder eine entsprechende Körperschaft treffende Haftung einzuschränken. Ein Ausschluss oder eine Beschränkung der Amtshaftung bedürfen vielmehr einer besonderen gesetzlichen Grundlage, die hier nicht ersichtlich war.Auch eine etwaige Haftung nach §§ 823, 831 BGB konnte durch die Bade- und Benutzungsordnung nicht beschränkt werden.

Dies galt bereits deshalb, weil die darin enthaltenen Regelungen ausschließlich das zwischen der Gemeinde und den Badegästen zustande kommende öffentlich-rechtliche Benutzungsverhältnis gestalteten. Rechtsfolgen für eine allgemeine deliktische Haftung, welche an die privatrechtliche Verkehrssicherungspflicht anknüpft, konnten sich hieraus nicht er-geben. Sollte der Haftungsausschluss in der Bade- und Benutzungsordnung indessen in Richtung auf die privatrechtliche Verkehrssicherungspflicht (auch) als All-gemeine Geschäftsbedingung auszulegen sein, scheiterte seine Wirksamkeit für die vorliegende Fallgestaltung jedenfalls daran, dass eine Kardinalpflicht zum Schutz von Leben und Gesundheit in Rede stand.

Zurückweisung an das Berufsgericht

Da die Sache nicht zur Endentscheidung reif war, war sie gemäß § 563 Abs. 1 Satz 1, Abs. 3 ZPO an das Berufungsgericht zurückzuverweisen.

Anmerkung:

Die Höhe des beantragten Schmerzensgeldes wäre – falls die Haftung dem Grunde nach zu bejahen wäre – im Vergleich zu ähnlichen Fällen sicher nicht zu hoch bemessen.

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