Fall:
Die damals 38-jährige Klägerin begehrte u.a. Schmerzensgeld wegen einer notdienstlichen Fehlbehandlung durch den Beklagten, einen Facharzt für Innere Medizin im ärztlichen Notdienst, in dessen Behandlung sie sich aufgrund starker, peitschenknallartig auftretender Kopfschmerzen begeben hatte. Der Beklagte stellte die Diagnose „HWS-/BWS-Syndrom mit Blockierung“ und behandelte die Klägerin mit einem schmerzstillenden und entzündungshemmenden Präparat, woraufhin eine leichte Besserung eintrat. Neurologische Befunde erhob er nicht. Kurze Zeit später wurde die Klägerin mit einer akuten neurologischen Symptomatik mit rascher Verschlechterung stationär aufgenommen. Es zeigte sich eine ausgedehnte Subarachnoidalblutung (der Subarachnoidalraum umgibt Gehirn und Rückenmark wie ein flüssigkeitsgefülltes Kissen, in dem das Gehirn regelrecht in der Gehirnflüssigkeit schwimmt).
Rechtliche Beurteilung:
Das OLG sah in dem Verhalten des Beklagten einen groben Befunderhebungsfehler mit der Folge einer Beweislastumkehr zugunsten der Klägerin hinsichtlich der Kausalität des Fehlers für ihre Gesundheitsschäden: Ein behandelnder Facharzt für Innere Medizin im ärztlichen Notdienst verstößt massiv gegen seine Pflicht zu Erhebung von Befunden, wenn er am Ende einer Untersuchung zum Vorliegen eines Meningismus (Nackensteifigkeit), während er bereits beim Ausfüllen des Behandlungsscheins ist, auf die Angabe der Patientin, sie habe starke Kopfschmerzen, keine ausreichende Befunderhebung durchführt und stattdessen lediglich eine Blutdruckmessung durchführt. Der Höhe nach hielt das OLG ein Schmerzensgeld von 300.000 € für angemessen. Die Klägerin war ca. drei Monate in stationärer Behandlung im Krankenhaus und ca. sieben Monate in stationärer neurologischer Frührehabilitationsbehandlung.
Schwerstpflegefall nach grobem Befunderhebungsfehler
Die Klägerin ist nach Aneurysmen und Schlaganfällen heute schwerstgeschädigt, leidet an einem Hydrocephalus (Wasserkopf), ist schwerstpflegebedürftig und steht unter der Betreuung ihrer Mutter. Der äußerst gravierende Krankheitsverlauf war für die Schmerzensgeldbemessung mitentscheidend, insbesondere die Hirnblutung, die Schlaganfälle, der Wasserkopf, die Bettlägerigkeit, die vollständige Pflegebedürftigkeit, die Inkontinenz, die schwerste spastische Lähmung aller Extremitäten und die Ernährung über eine Magensonde. Für die Höhe des Schmerzensgeldes war auch mitbestimmend, dass die unter Betreuung ihrer Mutter stehende Klägerin mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit zeitlebens schwerstgeschädigt und ein Pflegefall bleiben wird.