Brandenburgisches Oberlandesgericht, Beschluss 4. November 2013 – 12 U 103/13

400.000 € Schmerzensgeld

Eine hohe Querschnittslähmung infolge eines (groben) Behandlungsfehlers kann ein Schmerzensgeld von 400.000 € rechtfertigen.

Fall:

Der Kläger sollte nach einem komplizierten postoperativen Verlauf nach einer Operation im Bereich der oberen Halswirbelsäule bei der Beklagten im Rahmen einer Rehabilitationsmaßnahme therapiert werden. Dort wurde nach den tatrichterlichen Feststellungen eine Lockerung des implantierten Materials im Bereich der oberen Halswirbelsäule (Schrauben und Platte) nicht rechtzeitig erkannt. Der Kläger leidet seitdem an einer (hohen) Querschnittslähmung.

Rechtliche Beurteilung:

In der Gesamtschau stellen die nicht durchgeführte Abklärung der durch die Stationsärztin als kritisch eingeschätzten Situation (Verdacht auf Instabilität im Wirbelsegment C 1/C 2), die dazu führte, dass die Beklagte eine Rückfrage beim Operateur der vorbehandelnden Klinik stellte, und die weitere Untätigkeit trotz fortschreitender Beschwerden des Klägers und trotz ausbleibender Rückantwort des Operateurs ein Verhalten dar, das einem Krankenhaus unter Berücksichtigung des Gefährdungspotenzials, das durch eine Lockerung der Implantate im oberen HWS-Bereich besteht, schlechterdings nicht unterlaufen darf. Die Beklagte hat vor den angezeigten und auch geäußerten Zweifeln die Augen verschlossen und in einer für den Kläger akut lebensgefährlichen Situation in der Hoffnung zugewartet, dass schon alles in Ordnung sein werde. Ein solches Vorgehen stellt eine besonders grobe Vernachlässigung der ärztlichen Pflichten gegenüber dem Patienten dar. Die Höhe des vom LG nach § 253 Abs. 2 BGB angesetzten Schmerzensgeldes von 400.000 € ist rechtlich nicht zu beanstanden, sie wird auch von der Berufung nicht angegriffen.

Querschnittslähmung nach Rehabilitationsmaßnahme

Der 47-jährige Kläger ist ab dem Hals querschnittsgelähmt, mit vollständiger Lähmung der Arme, Beine und des Rumpfes, der Blase, des Mastdarms und des Atemzentrums. Er ist auf eine künstliche Beatmung und Ernährung angewiesen, kann deswegen nur noch sehr eingeschränkt sprechen und ist dauerhaft von fremder Hilfe abhängig. Dieser schwerwiegende Zustand der Beeinträchtigung wird sich nicht mehr verbessern und beinhaltet den Ausschluss jedweder eigenen Lebensführung.