OLG Düsseldorf, Urteil vom 30. August 2013  – 1 U 68/12 – SP 2014, 121

145.000 € Schmerzensgeld

Für die infolge eines Unfalls erlittene Amputation des rechten Beins auf Höhe der Hüfte bei einem elfjährigen Mädchen ist unter Berücksichtigung eines Mitverschuldens der Verletzten in Höhe von einem Drittel ein Schmerzensgeld von insgesamt 145.000 € angemessen.

Fall:

Gangschule und Anpassung der Prothese

Die Klägerin wurde im Bereich der Fußgängerfurt einer oberirdischen U-Bahn-Haltestelle von einem sich der Haltestelle annähernden U-Bahnzug erfasst, über mehrere Meter mitgeschleift und hierdurch erheblich verletzt. Aufgrund ihrer unfallbedingten Verletzungen schwebte sie in akuter Lebensgefahr und lag elf Tage im Koma. Da sich das rechte Bein der Klägerin im Radlauf der Vorderachse des Triebwagens eingedreht hatte, musste es auf Höhe der Hüfte amputiert werden. Dabei erhielt die Klägerin eine Beinprothese in Form eines Kunstbeins, das an einem mittels eines Gurts im Bauchbereich anzuschnallenden Hüftkorb befestigt wird. Die Klägerin musste durch die Teilnahme an einer Gangschule die Fortbewegung mittels der Prothese erlernen. In den folgenden Jahren kam es zu wiederholten Anpassungen der Prothesen, auch aufgrund des Wachstums der Klägerin.

Rechtliche Beurteilung:

Unter Berücksichtigung der von der Klägerin erlittenen Verletzungen, ihres Leidenswegs und ihres Mitverschuldens hielt der Senat ein Schmerzensgeld von 145.000 € für angemessen, aber auch ausreichend. Hierbei ging der Senat davon aus, dass ohne ein Mitverschulden der Klägerin von einem Gesamtbetrag in Höhe von 220.000 € auszugehen gewesen wäre. Seit ihrem elften Lebensjahr ist die Klägerin aufgrund der Amputation ihres rechten Beins in ihrer Lebensführung nachhaltig beeinträchtigt. Sie ist auf ständige Hilfe Dritter angewiesen. Sie kann sich ohne Prothese nur mit zwei Krücken oder einem Rollstuhl selbstständig fortbewegen, was zu erheblichen Bewegungseinschränkungen im täglichen Leben führt. Selbst mit ihrer Prothese ist langes Gehen ebenso wenig möglich wie langes Sitzen. Sie muss regelmäßig Krankengymnastik zur Vermeidung von Rückenschmerzen durchführen und kann kaum bewegungsintensiven Sport treiben. Lediglich Schwimmen ist ihr eingeschränkt möglich. Das Mitverschulden der Klägerin bei der Schätzung des Schmerzensgelds wurde mit einem Drittel berücksichtigt, da sie versucht hatte, eine Fußgängerfurt im Haltestellenbereich einer U-Bahn trotz der Annäherung eines U-Bahnzugs zu überqueren. Außerdem erschien es angesichts der Verletzungen und des Alters der Klägerin angemessen, den verbleibenden Betrag von 145.000 € so aufzuteilen, dass ihr von diesem Betrag 80.000 € als Kapitalbetrag und die restlichen 65.000 € als lebenslange monatliche Rente in Höhe von 228 € zuzusprechen waren.