LG Zweibrücken, Urteil vom 20. Februar 2015 – 2 O 120/08

100.000 € Schmerzensgeld

Bei der Höhe des Schmerzensgeldes kann das schwere und grob fahrlässige Verschulden des Beklagten (erhebliche Alkoholisierung und schwerwiegende Fahrfehler) schmerzensgelderhöhend zu berücksichtigen sein.

Fall:

Erhebliche Dauerfolgen nach Lebensgefahr

Am Unfalltag hatte die damals 20-jährige Klägerin mit ihrem beleuchteten Fahrzeug auf der gerade verlaufenen Autobahn eine Panne erlitten und musste mangels vorhandenen Randstreifens an der rechten Fahrbahn scharf rechts an den Leitplanken anhalten. Der volltrunkene, vor dem Unfall aufgrund Alkoholgenusses eingeschlafene Beklagte, fuhr ungebremst auf das weithin sichtbare klägerische Fahrzeug auf, wodurch die Klägerin schwer verletzt wurde. Sie erlitt folgende Verletzungen: ein Polytrauma mit Schädelhirntrauma Grad 1 sowie einer occipitalen (Hinterhaupt) Schädelfraktur, ein subdurales (unter der harten Hirnhaut befindliches) Hämatom rechts, Hämatopneumothorax mit Lungenkontusionen beiderseits, eine Rippenserienfraktur der 1., 4.–8. Rippe rechts sowie der Rippen 3, 6, 8 und 9 links. Eine Beckenringfraktur Typ C, eine Humerusquerfraktur Typ A3 rechts, eine bimalleoläre Sprunggelenksluxationsfraktur Typ Weber B rechts, Claviculafrakturen beiderseits, Schulterblattfrakturen beiderseits, Frakturen der Querfortsätze der Lendenwirbelkörper 1 bis 4 links und des 5. Lendenwirbelkörpers rechts, Frakturen der Dornfortsätze der Brustwirbelkörper 2 bis 6, multiple Schürfungen der Bauchdecke, eine Leberkontusion sowie erhebliche Prellungen am gesamten Körper. Es bestand akute Lebensgefahr, die Klägerin war ohne Bewusstsein und musste für zwei Wochen auf der Intensivstation künstlich beatmet werden. Während der sich daran anschließenden weiteren dreiwöchigen stationären Heilbehandlung musste sich die Klägerin einer Vielzahl von Operationen unterziehen. Sie leidet an erheblichen Dauerfolgen (insbes. Bewegungseinschränkungen) und Schmerzen.

Rechtliche Beurteilung:

Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme und des sachverständig festgestellten Umfangs der von der Klägerin erlittenen Beeinträchtigungen und Dauerfolgen erachtet die Kammer ein Schmerzensgeld der Klägerin von insgesamt 100.000 € für angemessen. Bei der Höhe des Schmerzensgeldes hat die Kammer insbesondere die von der Klägerin erlittenen unstreitigen Primärverletzungen sowie die hierdurch bedingten Folgeoperationen berücksichtigt. Schließlich war das schwere und grob fahrlässige Verschulden des Beklagten schmerzensgelderhöhend zu berücksichtigen. Diesem war angesichts seiner erheblichen Alkoholisierung ein schwerwiegender Fahrfehler vorzuwerfen, da er während der Fahrt eingeschlafen war. Hierbei handelt es sich um ein Fehlverhalten, das schlechterdings nicht nachvollziehbar und daher als grob fahrlässig zu bewerten ist. Dieser Umstand war im vorliegenden Fall schmerzensgelderhöhend ebenso zu berücksichtigen wie die eingetretenen erheblichen Dauerfolgen, die die Klägerin angesichts ihres noch jugendlichen Alters lebenslang begleiten werden.